Verband Schweizer Filmklubs und nicht-gewinnorientierter Kinos
Association suisse des ciné-clubs et des cinémas à but non lucratif
Associazione svizzera dei circoli del cinema e dei cinema senza scopo di lucro
Swiss Association of Film Societies and Non Profit Cinemas

Newsletter 1/2007 der Schweizer Koalition für die kulturelle Vielfalt09.01.2007

Mitglieder-Newsletter 1/2007 UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen tritt am 18. März 2007 in Kraft In für ein Abkommen im Kulturbereich «beispiellos kurzer Zeit» (UNESCO-Generaldirektor Matsuura) wurde die Konvention für die kulturelle Vielfalt (KKV) von der erforderlichen Mindestanzahl von 30 Staaten ratifiziert. Die Schwelle wurde am 18. Dezember 2006 mit dem Beitritt der Europäischen Gemeinschaft und von 14 EU-Mitgliedstaaten überschritten. Die weltweiten Kampagnen der europäischen Kommission, der Organisation Internationale de la Francophonie, des INCP und der Koalitionen für die kulturelle Vielfalt haben Früchte getragen: Bis Ende 2006 haben 38 Staaten ihre Ratifikationsinstrumente bei der UNESCO deponiert. Allerdings ist die geografische Verteilung der Staaten, die ratifiziert haben, noch sehr unausgewogen: 21 europäische, 10 afrikanische, 3 zentralamerikanische, 2 südamerikanische, 1 asiatischer (Indien) sowie Kanada. Grosser Aufholbedarf besteht somit in Asien und im arabischen Raum. (Die 38 Staaten sind: Albanien, Belarus, Bolivien, Bulgarien, Burkina Faso, Dänemark, Djiibouti, Ecuador, Estland, Finnland, Frankreich, Guatemala, Indien, Irland, Kamerun, Kanada, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Mali, Malta, Mauritius, Mexiko, Monaco, Namibia, Österreich, Peru, Moldawien, Rumänien, Senegal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Südafrika, Togo, Zypern) Kurz vor Jahresende haben auch die Regierungen von China und Italien der Ratifikation zugestimmt. Brasilien, Norwegen und Uruguay dürften in den nächsten Wochen folgen. Deutschland und weitere EU-Staaten werden wohl während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 dazukommen. Sobald die Konvention in Kraft getreten ist, werden deren Organe geschaffen: Die Konferenz der Vertragsparteien, das Plenarorgan, in dem alle Vertragsparteien zu gleichen Teilen vertreten sind, tritt normalerweise alle zwei Jahre zusammen und wählt die Mitglieder des Zwischenstaatlichen Ausschusses, des eigentlichen operativen Führungsorgans der Konvention. Dieser wird zunächst 18 Vertragsparteien umfassen, die auf vier Jahre gewählt sind. Diese Zahl wird auf 24 erhöht, sobald die Zahl der Vertragsparteien der Konvention 50 erreicht (Art. 22 und 23, KKV). Da das Übereinkommen für jede Vertragspartei immer erst drei Monate nach Hinterlegung der Ratifikationsinstrumente in Kraft tritt (Art. 29 KKV), wird der Zeitpunkt der ersten Konferenz der Vertragsparteien entscheidend für die Umsetzung der Konvention sein; nur Staaten, die dannzumal Vertragsparteien sind, können in den Zwischenstaatlichen Ausschuss, das Exekutivorgan, gewählt werden. Aufgrund der gegenwärtigen geografischen Verteilung (siehe oben), müsste davon ausgegangen werden, dass dieser in der ersten – entscheidenden - Zeit von europäischen Nationen dominiert werden und etwa Asien sehr schlecht vertreten sein würde. Gemäss langjährigem Usus der UNESCO in solchen Situationen müsste die erste Konferenz der Vertragsparteien zwei bis drei Monate nach dem Inkrafttreten der Konvention stattfinden, also etwa Mitte Juni. In diesem Fall würden alle Staaten, die bis ca. Mitte März 2007 dem Abkommen beigetreten sind, daran teilnehmen können. Dies werden sich wohl einige nicht entgehen lassen, um sich ihre Einflussmöglichkeiten zu wahren. Noch ist aber von UNESCO-Seite kein Termin genannt worden. Bundesrat eröffnet Vernehmlassung in der Schweiz Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 21.12.2006 die Vernehmlassung zur Ratifikation der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sowie der UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes eröffnet. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis Ende März 2007. Die Dokumente zu den Vernehmlassungen können auf unserer Website heruntergeladen werden. Die Schweizer Koalition für die kulturelle Vielfalt veranstaltet – zusammen mit der Schweizerischen UNESCO-Kommission, Traditions pour Demain und CIOFF Suisse - am 30. Januar 2007 in Bern eine Tagung, an der für beide Konventionen ein Vorschlag für eine gemeinsame Stellungnahme aller Teilnehmer diskutiert und – wenn möglich – verabschiedet werden soll. Die Einladung dazu ist bereits verschickt worden. Mit der parlamentarischen Behandlung der beiden Konventionen ist frühestens im Herbst zu rechnen, sodass der Beitritt der Schweiz vermutlich 2008 erfolgen wird. Aktivitäten der Schweizer Koalition seit der GV vom 17. Mai 2006 Der Vorstand der Schweizer Koalition hat sich seit der GV zu 3 Vorstandssitzungen und einer Retraite getroffen. Das Sekretariat wurde weiterhin ad interim vom Präsidenten geführt. Seit der GV wurden folgende Organisationen neu als Mitglieder aufgenommen: Chor der Nationen und WERKZEITRAUM - Schweizerisches Kompetenzzentrum für historisches Handwerk. Darüber freuen wir uns sehr! Aktionen Der Vorstand hat ungefragt ein ausführliches Argumentarium zur KKV zuhanden des BAK entwickelt, das vom Direktor mit grossem Interesse verdankt wurde. Gleichzeitig wurde die Arbeit an einem Informationsflyer aufgenommen, der die Bedrohungen für die kulturelle Vielfalt und die Anliegen der Schweizer Koalition auf leicht verständliche Weise vermitteln soll. Der Flyer wird im ersten Quartal 07 erscheinen. Alle aktuellen Entwicklungen wurden umgehend auf unserem primären Informationskanal, der Website www.coalitionsuisse.ch, publiziert. Neben konkreten Interventionen bei relevanten Amtsstellen und Parlamentarien wurden die Kontakte zu diesen sowie zu neuen Mitgliedern, Medien und den Koalitionen in anderen Ländern weiter ausgebaut. Wir haben unsere Anliegen an verschiedenen Anlässen unserer Mitglieder und weiteren kulturpolitischen Veranstaltungen in der Schweiz präsentiert, u.a. an der GV der SUISA, an den Tagungen von ICOMOS und Pro Cultura. Ferner hat die Schweizer Koalition in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen UNESCO-Kommission, CIOFF Suisse und Traditions pour demain das Forum zur UNESCO-Konvention von 2003 (zum immateriellen Kulturerbe) initiiert und erstmalig durchgeführt. Ein detaillierter Bericht ist auf unserer Website sowie derjenigen der UNESCO-Kommission zu finden. Aus unserer Sicht ist das immaterielle Kulturerbe ein Teil der kulturellen Vielfalt. Auf internationaler Ebene war die Schweizer Koalition an Treffen der europäischen und der frankophonen Koalitionen, an der Hauptversammlung der deutschen Koalition sowie an einer Tagung der slowakischen Koalition vertreten. Sie hat sich zusammen mit den anderen europäischen Koalitionen bei der EU-Kommission vehement gegen deren Vorhaben eingesetzt, die in 20 EU-Staaten bestens funktionierenden Systeme der Vergütung für Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken zum Privatgebrauch abzuschaffen. Ein Teil dieser Vergütungen kommen in Form von Unterstützung kultureller Projekte von allgemeinem Interesse der kulturellen Vielfalt zugute. Kommissionspräsident Barroso hat den Plan vorerst zurückgestellt. 2007 – ein Jahr der Herausforderungen Mit dem Inkrafttreten der Konvention wird die Arbeit der weltweiten Koalitionen für die kulturelle Vielfalt keineswegs abgeschlossen sein, denn dieses garantiert noch lange nicht, dass die Regierungen alleine auch deren Umsetzung aktiv angehen werden. Dies sicher zu stellen wird Aufgabe der Koalitionen als Organisationen der Zivilgesellschaft auf internationaler wie nationaler Ebene sein, wie in Art. 11 der Konvention verankert: «Die Vertragsparteien erkennen die grundlegende Rolle der Zivilgesellschaft beim Schutz und bei der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen an. Die Vertragsparteien ermutigen die Zivilgesellschaft zur aktiven Beteiligung an ihren Bemühungen, die Ziele dieses Übereinkommens zu erreichen.» Dieser Artikel könnte von Regierungen u. U. auch dazu missbraucht werden, die Verantwortung für die Umsetzung der Konvention auf die Zivilgesellschaft abzuschieben. Folgende primären Aufgaben stellen sich den Koalitionen heute: · Aufmerksames Überwachen aller Entwicklungen und potenziellen Gefahren für die kulturelle Vielfalt, unabhängig davon, ob diese aus privatwirtschaftlichen, politischen oder zivilgesellschaftlichen Motiven oder Aktionen heraus entstehen; · Monitoring der Politik der eigenen Regierung auf Verträglichkeit mit den Zielen der Konvention: Intervention bei den entsprechenden Stellen, falls notwendig; · Sensibilisierung einer breiteren Öffentlichkeit für den Wert, den Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt · proaktive Rolle in Form eigener Politikformulierung im Sinne von Art. 11 der Konvention, insbesondere im Bereich der Kooperation Nord-Süd; · Monitoring/Unterstützung/Kritik der Rolle, die die eigene Regierung im Rahmen der Organe der Konvention spielt; · Weiterentwicklung der Kooperation zwischen den weltweiten Koalitionen im Hinblick auf die Gründung einer Internationalen Föderation der Koalitionen für die kulturelle Vielfalt, um die aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft auch auf internationaler Ebene, direkt bei den Organen der Konvention zu sichern; Anstoss zur Bildung weiterer Koalitionen – gerade auch in Europa – geben; Die Schweizer Koalition im Besonderen muss sich selbstverständlich zunächst noch in der angelaufenen Vernehmlassung und während der darauf folgenden Phase der parlamentarischen Kommissions- und Plenarbehandlung auf breiter Ebene für die beiden UNESCO-Konventionen engagieren. Ebenso wird sie den Kontakt zur neu für die Aussenhandelspolitik zuständigen Bundesrätin Leuthard sowie zu den neuen Verantwortlichen im seco intensivieren, um über die weiteren Freihandelsentwicklungen zu wachen (WTO, Kooperationsforum Schweiz-USA/mögliche Neuaufnahme von Verhandlungen um Freihandelsvertrag mit den USA, geplante Freihandelsverträge mit Japan und Indien etc.). Auch aktuelle Tendenzen zur Einschränkung des Zugangs zur Medienvielfalt durch die Quasimonopolistin Cablecom oder das auf Hollywood-Produktionen beschränkte Film-on-demand-Angebot der Konkurrentin Bluwin-TV werden uns beschäftigen. Weitere Informationen zu den erwähnten Themen finden sich auf unserer Website www.coalitionsuisse.ch . Die Information möglichst weiter Kreise über die Gefahren für die kulturelle Vielfalt gehört zu unseren wichtigsten Aufgaben. Dazu müssen wir alle verfügbaren Plattformen nutzen. Daher bitten wir alle Mitglieder, sich zu überlegen, ob sich geplante Anlässe ihrer Organisation allenfalls dazu eignen könnten, z.B. indem ein Referat zum Thema eingebaut würde. Für Anregungen sind wir jederzeit dankbar. Mit herzlichen Grüssen Beat Santschi Präsident

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