Fräulein Else
Deutschland 1929, Länge: ca 90‘, Restaurierte Fassung
Grosse Halle Reitschule Bern. 3. & 4. September 2004. Türöffnung: 19.30. Filmbeginn: 20.30 Uhr.
Regie und Drehbuch: Paul Czinner (nach Motiven der gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler), Dramaturgische Mitarbeit: Carl Meyer (ohne Credit)
Kamera: Karl Freund, Robert Baberske, Adolf Schlasy.
Darsteller: Elisabeth Bergner, Albert Bassermann, Else Heller, Albert Steinrück, Adele Sandrock, Jack Trevor, Grit Hegesa.
Musik (2004 – im Auftrag des ZDF): Marco Dalpane. Einspielung: ensemble Kontraste, Dirigent Marco Dalpane, Alessandro Bonetti (Violine), Elsia Floridia (Viola), Enrico Guerzoni (Violoncello), Marco Zanardi (Klarinette), Marco Lo Russo (Akkordeon), Claudio Trotta (Schlagzeug), Francesca Aste (Piano).
Else, die Tochter des Wiener Rechtsanwalts Dr. Thalhoff, wird bei einem Ferienaufenthalt in St. Moritz von einer bösen Nachricht überrascht. Ihr Vater hat sich verspekuliert, ihm droht strafrechtliche Verfolgung. Nur einer könnte helfen, der reiche Kunsthändler Herr von Dorsday, der auch in St. Moritz weilt. An ihn wendet sich Else auf inständige Bitte ihrer Mutter. Von Dorsday ist bereit, Elses Vater zu helfen, allerdings unter einer Bedingung: er will Else nackt sehen. Aus Liebe zu ihrem Vater fügt sich Else diesem Wunsch; sie nimmt Gift und, nur mit einem Pelzmantel bekleidet, tritt sie ins Foyer.
Die Uraufführung von Fräulein Else fand am 7. März 1929 im Capitol Theater in Berlin statt. Die restaurierte Fassung wurde am 5. Juli 2004 in Bologna (Il Cinema Ritrovato) uraufgeführt. Restaurierung und Produktion der neuen Musik sind ein Kooperationsprojekt der Cineteca di Bologna mit dem ZDF und in Zusammenarbeit mit ARTE.
Als Vorlage für den Film Fräulein Else diente die gleichnamige Novelle von Arthur Schnitzler aus dem Jahr 1924. Elisabeth Bergner war mit dem Wiener Schriftsteller gut befreundet und mit Lesungen von Schnitzler-Texten (u.a. für eine Schallplatten-Aufnahme) aufgetreten. Schnitzler wirkte bei der Entstehung des Drehbuchs nicht mit. Paul Czinner schrieb es mit einem der profiliertesten Drehbuch-Autoren des deutschen Stummfilm-Kinos, Carl Mayer. Sie übernahmen lediglich Motive aus der Novelle, so dass es zu erheblichen Abweichungen zwischen literarischer Vorlage und Film kam.
Die zeitgenössische Kritik
Fräulein Else wurde kontrovers diskutiert. Während der linksgerichtete Film- und Kunstkritiker Rudolf Arnheim in der „Weltbühne“ fordert, Czinner solle die „Schankkonzession“ entzogen werden, bezeichnen andere Fräulein Else als wunderbaren Film. Große Zustimmung erhält Karl Freunds Photographie der Interieurs, sowie die Leistung des Spitzen-Ensembles: „Fräulein Else erwies sich bei der Uraufführung als eine Arbeit von starken inneren Werten, die sowohl in der Regie begründet sind als auch in der Darstellung. Die Bergner, Bassermann, Steinrück und Trevor bilden ein Ensemble, das ausgezeichnet geleitet ist und tiefe Eindrücke hinterläßt.“
Grundsätzlicher Einspruch entzündet sich an der freien Adaption der Novelle. Diese war offenbar zu bekannt, als dass ein Film eine eigene Umsetzung wagen konnte. Die besonderen filmischen Qualitäten von Czinners/Mayers Interpretation des Stoffs werden kaum gesehen, geschweige denn gewürdigt. Schnitzlers Novelle galt übereinstimmend als „unendlich reicher. Unendlich zwischenstufiger. Unendlich heutiger“.
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